Tino
Tino Amler war gerade mal 39 Jahrealt, als er einen schweren Schlaganfall erlitt. Privat war er kurz davor, ein Haus mit seiner Familie zu bauen. Auch beruflich war er auf dem besten Wege. Er ist studierter Diplom-Ingenieur und arbeitete als Produktionsleiter bei der Firma Swedex GmbH & Co. KG als Prokurist in Essen und bei Swedex Hungária Kft. und Swedex Slowakia als Geschäftsführer. Zu seinen Tätigkeitsbereichen zählten unter anderem regelmäßige Auslandsaufenthalte, weshalb es nötig war, fließend englisch zu sprechen. Er sprach auch einige Wörter ungarisch und etwas spanisch.
Am 28. August 2011 befand er sich mit seinen Zwillingssöhnen Felix und Jonas (7 Jahre alt) auf einer kombinierten Urlaubs- und Dienstreise in Ungarn bei Budapest, als sich plötzlich der Schlaganfall auf dem Hotelzimmer am Sonntag um 9:00 Uhr ereignete. Er lag reglos auf dem Boden, konnte weder sprechen noch sich auf eine andere Weise verständigen. Seine Söhne fanden ihn liegend auf dem Wohnzimmerboden, trauten sich jedoch zunächst nicht, sich an die Hotelrezeption zu wenden. Erst nach etwa 5 – 6 Stunden wandten sie sich an die Rezeption, so dass der Notarzt informiert und Tino in die nächstgelegene Neurologische Klinik in Székesfehérvár gebracht werden konnte.
Nach zwei Tagen wurde er in eine Klinik in Budapest verlegt. Am 30. August 2011 fand eine OP statt, bei der schließlich die Schädeldecke geöffnet wurde, um den Druck durch die Schwellung zu lindern.
Nach zehn weiteren Tagen wurde Tino am 07. September 2011 in die Neurologische Kopfuniversitätsklinik Heidelberg per ADAC-Ambulanzflug verlegt. Dort befand er sich zwei Tage auf der Intensivstation.
Er erlebte diese Zeit hautnah mit, verstand alles, was um ihn herum geschah, aber konnte keine Worte finden um sich auszudrücken. Danach folgte ein 7 ½ – monatiger Reha-Aufenthalt in der Schmieder Klinik, ebenfalls in Heidelberg.
Um sich ins Leben zurück zu kämpfen musste Tino etliche Therapiesitzungen durchlaufen. Von Logopädie über Ergotherapie bis zur Physiotherapie und einigen Gruppensitzungen – es stand alles auf dem Programm.
Aufgrund erfreulicher klinischer Fortschritte konnte er zum 30. September 2011 in die Phase C umstatuiert werden. Es bestand nach wie vor eine globale Aphasie mit expressiver Betonung. Das situative Sprachverständnis war recht gut ausgeprägt. Darüber hinaus bestand eine hochgradige Hemiparese der rechten Körperseite. Transferaufgaben konnten jedoch unter supervidierender Hilfe gut umgesetzt werden.
Das Schließen der Schädeldecke am 30. Dezember 2011 verlief komplikationslos.
Insgesamt machte er während des Rehabilitationsaufenthaltes weiterhin gute Fortschritte, sodass ab dem 01. Februar 2012 auch eine Umstatuierung in die Phase D möglich war.
Im April 2012 war Tino vorerst gezwungen mit seiner Familie in seine Heimat Mühlhausen, in der Nähe von Heidelberg, zurückzukehren. Auch hier besuchte Tino mehrmals pro Woche die verschiedensten Einrichtungen, um im Bereich der Sprache und den körperlichen Einschränkungen arbeiten zu können.
„Eine Zeit lang kam Tino bis zu vier Mal pro Woche zur logopädischen Therapie. Nicht jeder Tag war gleich und er musste einige Niederlagen einstecken – aber er gab nie auf und kämpfte sich immer aufs Neue zurück ins Leben“, sagt seine langjährige Logopädin.
Ebenso besuchte Tino eine spezielle Fahrschule in Neckargemünd um das Autofahren wieder zu erlangen. Hierzu legte er am 07. November 2013 eine praktische Prüfung ab. Auch an seinem Auto mussten einige Veränderungen vorgenommen werden. So wurde das Gaspedal umgebaut und eine Funkfernbedienung mit 12 verschiedenen Funktionen am Lenkrad eingebaut. Durch ein ärztliches Gutachten stand dem Autofahren nun nichts mehr im Wege. Für Tino bedeutete dies ein enormer Fortschritt – er hatte damit ein großes Stück Unabhängigkeit und Freiheit wiedererlangt.
Zwischenzeitlich hat er am 13. April 2016 eine weitere Prüfung abgelegt, weil er sogar wieder in der Lage ist, den rechten Fuß zielgerecht so zu bewegen, dass eine Umstellung auf ein normales Gaspedal möglich ist.
Nach einigen Jahren harter Arbeit und vielen persönlichen Veränderungen, wird Tino im April 2017 zurück nach Düsseldorf kehren, wo er seine Heimat hat.
Durch die sprachlichen Einschränkungen konnte Tino diesen Lebenslauf nicht alleine verfassen, sondern bekam Unterstützung von seiner Logopädin.